Ein Fallbeispiel für Burnout

Die Geschichte von Herrn S.

Als das innere Feuer zu Asche wurde

Herr S. stellt sich vor

Herr S. war 45 Jahre alt, Abteilungsleiter in einem mittelständischen Unternehmen. Als er das erste Mal zu mir kam, sah er aus wie jemand, der lange durchgehalten hat – zu lange. Sein Blick war leer, die Schultern hingen nach vorne.

„Ich bin einfach leer“, sagte er. „Ich wache morgens auf und fühle mich, als hätte ich die Nacht durchgearbeitet. Ich funktioniere nur noch. Ich weiß gar nicht mehr, wer ich bin, wenn ich nicht arbeite.“

Er sprach ruhig, fast sachlich – aber hinter seiner Stimme lag tiefe Erschöpfung.

Die Geschichte von Herrn S.

Wenn der Körper zuerst „Stopp“ sagt

Herr S. berichtete, dass er seit Monaten schlecht schlief. Sein Herz raste oft, ohne erkennbaren Grund. Im Büro fiel ihm das Konzentrieren schwer, und selbst kleine Aufgaben fühlten sich an, als würde er Berge schieben.

„Früher war ich stolz darauf, alles im Griff zu haben“, sagte er. „Jetzt habe ich das Gefühl, dass mich alles überrollt.“

Ich erklärte ihm, dass sein Körper und seine Psyche in einen Dauer-Alarmzustand geraten seien – ein Zustand, den man Burn-out nennt: Der Körper kämpft weiter, obwohl die Seele längst auf Pause drückt.

Die unsichtbaren Antreiber (Transaktionsanalyse & Schematherapie)

In der Transaktionsanalyse suchten wir nach den inneren Stimmen, die ihn in den Burn-out getrieben hatten.

Gemeinsam fanden wir drei zentrale Botschaften, die tief in ihm verankert waren:

  • „Sei stark!“
  • „Mach es allen recht!“
  • „Sei perfekt!“

Diese sogenannten Antreiber waren wie kleine Motoren in ihm, die nie abschalteten.

In der Schematherapie stellten wir uns vor, dass diese Stimmen zu verschiedenen inneren Figuren gehören:

  • Ein strenger, kritischer Vorgesetzter in seinem Kopf, der ständig ruft: „Du musst mehr leisten!“
  • Ein erschöpftes, angepasstes Kind, das alles richtig machen will, um gemocht zu werden.
  • Und eine leise, gesunde Erwachsenenstimme, die sagt: „Ich darf auch schwach sein. Ich darf Ruhe brauchen.“

Als Herr S. das laut aussprach, liefen ihm Tränen über die Wangen. „Ich habe diese Stimme jahrelang ignoriert.“

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Den inneren Akku verstehen (KVT & Psychoedukation)

Übungen für den Klienten

Wir zeichneten gemeinsam ein Energieglas. Oben trug Herr S. ein, was Energie kostet:

  • ständige Erreichbarkeit
  • Konflikte mit Kollegen
  • eigene Erwartungen
  • das Bedürfnis, Kontrolle zu behalten

Darunter schrieb er, was Energie geben könnte:

  • Zeit mit seiner Familie
  • Spaziergänge im Wald
  • Musik hören
  • einfach mal nichts tun

„Mein Glas läuft seit Jahren leer“, sagte er leise.

Ich erklärte ihm das Prinzip der Selbstregulation: Der Körper kann nur leisten, wenn er auch auftankt.

3

Erste Schritte aus der Erschöpfung (lösungsorientiert & KVT)

Wir formulierten kleine, erreichbare Ziele:

  1. Tägliche Atempause: Jeden Tag zweimal fünf Minuten bewusst atmen – nicht als Pflicht, sondern als Einladung.
  2. Entlastungsgespräch: Einmal pro Woche mit einem Kollegen offen über Arbeitsdruck sprechen.
  3. Ritual der Stille: Nach Feierabend das Handy für eine halbe Stunde ausschalten.

Ich stellte ihm die lösungsorientierte Frage:

„Stellen Sie sich vor, Sie wachen morgen auf und spüren wieder Energie. Woran würden Sie es merken?“

Herr S. antwortete: „Ich würde morgens meinen Kaffee trinken und das Gefühl haben, dass er mich wärmt – nicht nur wach macht.“

Dieses Bild hielten wir fest. Es wurde zu einem Zielbild für seine Therapie.

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Arbeit mit inneren Bildern (NLP)

Wir formulierten kleine, erreichbare Ziele:

In einer Imaginationsübung stellte sich Herr S. seine innere Erschöpfung als ein Feuer vor, das nur noch glimmt. Gemeinsam suchten wir nach Möglichkeiten, dieses Feuer wieder zu nähren.

Er stellte sich vor, wie er Holzscheite nachlegt – jedes Stück ein Symbol für Selbstfürsorge:

  • Zeit für sich
  • offene Gespräche
  • Bewegung
  • Schlaf

Nach einigen Wochen sagte er: „Ich sehe das Feuer wieder vor mir. Es ist kleiner als früher, aber es brennt ruhig. Nicht mehr wie ein wütender Brand, sondern wie etwas, das Wärme gibt.“

5

Systemische Perspektive – nicht allein tragen

Herr S. erzählte, dass seine Familie ihn kaum wiedererkannte. „Früher war ich lustig. Jetzt ziehe ich mich zurück.“

Wir arbeiteten daran, wie er ehrlich über seine Erschöpfung sprechen konnte.

In einer Übung sagte er: „Ich brauche nicht, dass ihr mich aufmuntert. Ich brauche nur, dass ihr mich seht.“

Als er dies zuhause aussprach, reagierte seine Frau erleichtert: „Endlich verstehe ich, dass du nicht einfach faul bist, sondern ausgebrannt.“

Dieses Verständnis veränderte alles.

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Der Wendepunkt – die Rückkehr zu sich selbst

Einige Wochen später kam Herr S. mit ruhigem Gesichtsausdruck in die Sitzung.

„Ich habe wieder angefangen zu joggen – nicht, um Leistung zu bringen, sondern um den Kopf freizubekommen. Ich höre den Wind, ich spüre meinen Atem. Es ist, als würde ich langsam wieder zu mir selbst zurückfinden.“

Er hatte auch gelernt, Grenzen zu setzen.

Neulich hatte er seinem Chef gesagt: „Ich kann diese Aufgabe übernehmen, aber erst nächste Woche.“

Früher hätte er sich das nie getraut.

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Abschluss – aus Asche wird Licht

In der letzten Sitzung zeigte Herr S. ein Bild, das er gemalt hatte:

Ein Mann steht in einer Landschaft aus Asche. Vor ihm glüht ein kleines Feuer – warm, ruhig, lebendig.

„Das bin ich“, sagte er. „Ich habe gebrannt, bis nichts mehr übrig war. Aber ich habe gelernt, mein Feuer zu hüten. Ich will, dass es leuchtet – nicht verbrennt.“

Fazit – Wege aus dem Burnout

Herr S. fand in der Therapie den Weg aus dem Burn-out, indem er verstand, warum sein Körper und seine Seele nicht mehr konnten – und wie er selbst Verantwortung für seine Energie übernehmen kann.

Herr S. sagt heute:

„Früher dachte ich, stark sein heißt, alles auszuhalten. Heute weiß ich, stark sein heißt, gut mit sich selbst umzugehen.“

Therapeutische Ansätze, die ihm halfen:

  • Kognitive Verhaltenstherapie: Erkennen der Gedanken, die Druck erzeugen, und Aufbau neuer, realitätsnaher Bewertungen.
  • Transaktionsanalyse & Schematherapie: Entlarven der inneren Antreiber und Stärkung der gesunden, fürsorglichen Seite.
  • Lösungsorientierte Therapie: Entwicklung von Zukunftsbildern und kleinen, erreichbaren Zielen.
  • NLP: Arbeit mit inneren Bildern, um das Gefühl von Kontrolle und Stärke zu aktivieren.
  • Systemische Ansätze: Einbindung der Familie und Förderung offener Kommunikation.

Erfahren Sie mehr über die angewandten Methoden:

Hilfestellungen für den Alltag bei Burnout

  1. Atemanker:
    Täglich bewusst innehalten, drei tiefe Atemzüge – beim Ausatmen innerlich sagen: „Ich darf loslassen.“
  2. Energieglas füllen:
    – Jeden Abend drei Dinge notieren, die Kraft gegeben haben – egal, wie klein sie sind.
  3. Nein sagen lernen:
    – Vor jeder Zusage kurz fragen: „Will ich das wirklich, oder will ich nur gefallen?“
  4. Körper spüren:
    – Bewegung, Natur, Musik – Wege, wieder in Kontakt mit sich selbst zu kommen.
  5. Unterstützung annehmen:
    – Burn-out ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Signal der Seele, dass etwas Neues entstehen darf.

Wenn Ihr inneres Feuer nur noch glimmt

Burnout ist kein persönliches Versagen, sondern ein Warnsignal. Gemeinsam finden wir Wege, wie Sie Ihre Kräfte wieder aufbauen – und lernen, gut mit sich selbst umzugehen, bevor es zu spät ist.

Die Geschichte von Herrn S.
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