Die Geschichte von Herrn B.
Wenn das Leben sich zu schnell verändert
Herr B. stellt sich vor
Herr B. ist 43 Jahre alt, Techniker in einem großen Betrieb.
Als er zum ersten Mal in meine Praxis kam, wirkte er innerlich unruhig. Er setzte sich, verschränkte die Hände und sagte:
„Seit der Umstrukturierung auf der Arbeit ist alles anders. Neues Team, neue Aufgaben, neue Chefs. Ich hab das Gefühl, ich komme nicht mehr mit. Früher war ich belastbar – jetzt bin ich ständig müde, angespannt, gereizt. Ich schlafe schlecht, und manchmal bekomme ich Herzrasen, ohne Grund.“
Seine Stimme zitterte leicht. „Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Ich will funktionieren, aber mein Körper macht nicht mit.“
Ich erklärte ihm, dass seine Reaktionen typisch für eine Anpassungsstörung sind: Der Mensch gerät aus dem Gleichgewicht, wenn Veränderungen zu schnell, zu viel oder zu belastend werden.
„Sie sind nicht schwach“, sagte ich. „Ihr Körper und Ihre Psyche zeigen, dass sie überfordert sind – und das ist eine gesunde Reaktion auf zu viel Druck.“
Wenn Stress den Körper mitreden lässt
Wir begannen mit einem Gespräch über Stressbewältigung. Ich erklärte Herrn B., dass Stress an sich nicht krank macht – sondern das dauerhafte Gefühl, keine Kontrolle mehr zu haben.
Ich bat ihn, seine Belastungen aufzuschreiben: Arbeit, Verantwortung, Familie, Erwartungen.
Er starrte auf die Liste und sagte leise: „Kein Wunder, dass ich mich leer fühle.“
Ich zeigte ihm ein einfaches Bild:
„Stellen Sie sich einen Eimer vor, der sich mit jeder Belastung füllt. Wenn er überläuft, meldet sich der Körper: Mit Herzklopfen, Verspannung, Schlafstörungen oder Angst. Ihr Körper ruft nicht ‚Versagen‘, sondern ‚Stopp!‘“
Erschöpfung überwinden – Wege zur Ruhe
In den ersten Wochen lag der Fokus darauf, wieder Ruhe und Energie aufzubauen.
Mit Atemübungen, kurzen Entspannungssequenzen und Achtsamkeitstraining lernte Herr B., den Körper als Verbündeten wahrzunehmen.
Er übte, bewusst tief zu atmen, die Schultern sinken zu lassen und den Kontakt zum Boden zu spüren.
„Ich merke, dass mein Körper sich sofort verändert, wenn ich ruhiger atme“, sagte er überrascht.
„Es ist, als würde ich mir selbst erlauben, kurz anzuhalten.“
Wir nannten das seinen „Selbsthilfe-Moment“ – ein kurzer Stopp im Alltag, in dem er wieder Kraft tanken konnte.
Wie gehe ich mit meinen Ängsten um?
In stressigen Zeiten bekam Herr B. plötzlich Herzklopfen, Enge in der Brust und das Gefühl, gleich etwas falsch zu machen.
„Ich weiß dann nicht, ob das körperlich ist oder Angst“, sagte er.
Ich erklärte, dass Angst und körperliche Beschwerden oft Hand in Hand gehen.
„Ihr Nervensystem ist überreizt. Es meldet sich nicht, um Sie zu bestrafen – sondern um Sie zu schützen.“
Übung für den Klienten
Mit kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) lernte Herr B., seine Angstgedanken zu erkennen:
- „Ich darf keinen Fehler machen.“
- „Ich darf keine Schwäche zeigen.“
Wir formten daraus neue, hilfreiche Gedanken:
- „Ich darf lernen – niemand kann immer perfekt sein.“
- „Ruhe ist keine Schwäche, sondern Selbstschutz.“
In Rollenspielen probierten wir, wie er in angespannten Situationen anders reagieren konnte: Atmen, innehalten, einen Schritt zurück – statt in Gedanken sofort zu katastrophisieren.
„Das fühlt sich ungewohnt an“, sagte er, „aber es gibt mir Kontrolle zurück.“
Mit dem Körper arbeiten – statt gegen ihn
Herr B. klagte oft über Verspannungen im Nacken und ein Druckgefühl in der Brust.
Wir integrierten körperorientierte Übungen aus der psychisch-funktionellen Ergotherapie:
bewusstes Spüren, Dehnen, leichte Bewegungen im Atemrhythmus.
„Ich dachte immer, ich müsste meinen Körper überreden, ruhig zu sein“, sagte er nach einer Übung.
„Aber wenn ich auf ihn höre, hilft er mir dabei.“
So entstand langsam wieder eine Verbindung zwischen Körper und Seele – Ein Einklang, der psychische Gesundheit fördert.
Übung für den Klienten: Selbsthilfe und Stabilisierung
Gemeinsam erstellten wir Herrn B.s Selbsthilfeplan für den Alltag:
- Täglicher Atemanker:
Morgens und abends 5 Minuten bewusst atmen – ein Signal an den Körper: „Ich bin sicher.“ - Stressbewältigung aktiv:
Kleine Pausen, kurze Spaziergänge, Pausentaste im Kopf aktivieren. - Gedankenhygiene:
Negative Gedanken aufschreiben – und bewusst durch realistische, stärkende Gedanken ersetzen. - Bewegung als Medizin:
Regelmäßig etwas tun, was den Körper stärkt – nicht als Leistung, sondern als Entlastung. - Gespräch statt Rückzug:
Gefühle mit vertrauten Menschen teilen – Unterstützung annehmen.
Diese Schritte halfen ihm, Erschöpfung zu überwinden und wieder Vertrauen in sich selbst zu fassen.
Der Wendepunkt – wenn Klarheit zurückkehrt
Einige Wochen später kam Herr B. mit einem ruhigeren Gesichtsausdruck in die Sitzung.
„Ich kann jetzt wieder schlafen“, sagte er. „Und wenn ich merke, dass ich gestresst bin, mache ich meine Atemübung. Das hilft wirklich.“
Er erzählte, dass er sich in der Arbeit Grenzen gesetzt hatte – weniger Überstunden, klare Pausen.
„Ich habe gemerkt, dass ich erst wieder geben kann, wenn ich auch auftanke.“
Abschluss – Gleichgewicht statt Dauerstress
In der letzten Sitzung zeigte er mir eine Zeichnung:
Ein Mann steht auf einer Wiese, in den Händen eine Waage. Auf der einen Seite liegen Arbeit und Verantwortung, auf der anderen Ruhe, Familie und Zeit. Die Waage war im Gleichgewicht.
„Das ist mein Ziel“, sagte Herr B. lächelnd. „Nicht alles schaffen – sondern gesund bleiben.“
Er hatte gelernt, seine Ängste zu verstehen, mit seinen körperlichen Symptomen umzugehen und seine psychische Gesundheit zu verbessern, indem er sich selbst wieder wahrnahm.
Fazit – Wege aus der Anpassungskrise
Herr B. hat gelernt, die Signale von Körper und Seele ernst zu nehmen. Er kann heute Stress rechtzeitig erkennen, mit Ängsten umgehen und sich selbst stabilisieren.
Er sagt heute:
„Früher dachte ich, ich müsse immer funktionieren. Heute weiß ich: Ich darf atmen, anhalten und auch mal nichts tun – das ist kein Versagen, das ist Heilung.“
Therapeutische Ansätze, die ihm halfen:
- KVT: Erkennen und Verändern belastender Gedanken.
- Lösungsorientierte Therapie: Fokus auf Selbstwirksamkeit und kleine Schritte.
- Schematherapie & TA: Erkennen alter Muster und Aufbau innerer Sicherheit.
- Systemische Arbeit: Unterstützung durch Familie und Umfeld.
- Psychisch-funktionelle Ergotherapie: Achtsamkeit, Körperarbeit und kreative Übungen zur Stressbewältigung.
Erfahren Sie mehr über die angewandten Methoden:
Hilfestellungen – Wege zur Anpassung und Stabilität
- Stressbewältigung im Alltag:
– Kleine Pausen, bewusste Atmung, Bewegung, realistische Erwartungen. - Erschöpfung überwinden:
– Schlaf, Ernährung, Auszeiten – der Körper braucht Erholung, bevor er wieder leisten kann. - Selbsthilfe:
– Eigene Rituale schaffen, die Sicherheit geben. Kleine Routinen wirken wie Anker im Alltag. - Psychische Gesundheit verbessern:
– Gefühle zulassen, Gedanken überprüfen, Beziehungen pflegen. - Wie gehe ich mit meinen Ängsten um?
– Angst als Signal verstehen, nicht als Feind. Atmen, innehalten, sich beruhigen. - Wie gehe ich mit meinen körperlichen Beschwerden um?
– Sie wahrnehmen, ernst nehmen und als Sprache des Körpers verstehen
– nicht bekämpfen, sondern begleiten.
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